Paul-Louis Courier

épistolier, pamphlétaire, helléniste
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Die Denkmäler von Véretz und Larçay


Die Denkmäler

Das Denkmal Paul-Louis Courier
A m 10. April 1825 hält sich seine Frau Herminie in Paris auf während Paul-Louis Courier gegen 16 Uhr zu Fuß die Chavonnière verlässt, um seinen Jagdaufseher Louis Frémont zu treffen. Am Morgen hatte er mit ihm ein Treffen im Wald von Larcay vereinbart. Dieser Ort wird auch „Grube in der Heidelandschaft“ genannt. Wie verabredet treffen sich die Männer gegen 17 Uhr. Doch auch eine weitere Person findet sich ein: Symphorien Dubois, Couriers Fuhrmann. Sein Bruder Pierre Dubois, der Madame Courier gar zu nahe gestanden hatte, war im Juli 1824 entlassen worden und schwor auf Rache.
Symphorien teilte die Hassgefühle seines älteren Bruders und drohte Frémont mit dem Tod, sollte dieser nicht bereit dazu sein, den gemeinsamen Arbeitgeber umzubringen. Nachdem die beiden Brüder den Jagdaufseher einige Wochen lang bearbeitet, ihm durch alkoholische Getränke den gesunden Menschenverstand ausgetrieben und ihn durch Drohungen eingeschüchtert hatten, ermordete er seinen Herren mit einem einzigen Gewehrschuss. Damals tauchten insgesamt vier Verbündete auf: die drei bereits Erwähnten, darunter Pierre Dubois, und ein Unbekannter aus der Gegend.
Die Leiche des Schriftstellers, die mit dem Gesicht zum Boden lag, wurde am nächsten Morgen gefunden und auf den Hof von Guessier gebracht. Dort führte der Gerichtsmediziner am frühen Nachmittag in Anwesenheit des Staatsanwaltes des Königs und seines Stellvertreters, sowie des Untersuchungsrichters die Autopsie durch.
Die Trauerfeier fand am Dienstag um 16 Uhr in der Kirche in Véretz statt.
Am 20. April erreichte Herminie Courier zusammen mit dem älteren ihrer beiden Söhne und ihrer Mutter, Madame Clavier, die Chavonnière. Der Notar führte eine Bestandsaufnahme über die familiären Besitztümer durch und bestätigte das Gerücht: das Paar war tief verschuldet.

Denkmäler im Wald von Larçay (Foto JP Lautman) Denkmäler im Wald von Larçay (Foto JP Lautman)
 
I m Oktober ließ die Witwe des Schriftstellers auf dem Friedhof von Véretz einen Grabstein errichten. Außerdem gab sie ein größeres Denkmal in Auftrag, das am Todesort Paul-Louis Couriers aufgestellt wurde. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 600 Francs. Folgende Worte ließ Madame Courier auf eine schwarze Platte am Walddenkmal eingravieren:
„In Andenken an Paul-Louis Courier, der hier am 10. April 1825 ermordet wurde. Seine sterblichen Überreste ruhen in Véretz, seine Seele ist jedoch hier in die Ewigkeit eingegangen“
Zwei Jahre lang mühte Herminie sich mit der Verwaltung der Besitztümer ab. Bald wurde ihr klar, dass sie damit viel Zeit und Kraft opferte. Die tragischen Todesumstände ihres Mannes sowie Mordverdächtigungen, die sich im Nachhinein auch gegen sie richteten, brachten sie schließlich dazu, mit der Touraine zu brechen. Im Juli 1827 verkaufte sie die Chavonnière mitsamt den angrenzenden Gebieten, zugleich vermutlich auch das Waldstück.

Während des letzten Krieges ließen Widerstandsgruppen Pamphlete Paul-Louis Couriers nachdrucken und in Umlauf bringen. Die Nazis rächten sich dafür auf recht alberne Weise: ein Soldat zielte mit seiner Maschinenpistole auf die Plakette des Walddenkmals. Die Stadt Tours stellte den Courier-Gedenkort wieder her, indem sie an derselben Stelle eine Platte anbringen ließ, die mit dem Original identisch war. Bis auf einen Unterschied, denn die neue Plakette war weiß! Muss man darin das Symbol der Verwandlung eines Mannes sehen, der zu jeder Art von Empfindung anregt, außer der Gleichgültigkeit?
In einem Brief, den Herminie Courier am 1. Oktober 1825 in der Chavonnière verfasst, schildert sie ihrer Mutter die vor kurzem zum Gedenken ihres Mannes durchgeführten Schritte:
„Ich bin im Moment stärker in Beschlag genommen, als ich das gerne hätte. Wie du es dir denken wirst, liebe Mama, ist es wegen den zwei Denkmälern. Das erste in Véretz ist ein einfacher Grabstein mit einer Marmorplatte. Darauf steht nichts anderes als Name und Datum. Ich wollte nichts hinzufügen, die Zukunft wird auf eine würdigere Art darüber urteilen. Angesichts der Tatsache, dass weniger darauf geachtet werden kann, ist dasjenige am Schicksalsort im Wald stattlicher. Es ist ein Zippus (habe ich das so richtig ausgedrückt?) - auf allen Seiten vier Fuß breit und fünf Fuß hoch, mit einer Stufe von einem Fuß Höhe – aus hartem Stein und mit einer Plakette, die das Datum des Mordes angibt. Man wird Gräben und Bäume darum herum anlegen und die Baumspitzen, die es in zwei Jahren beschatten werden, werden in Ehren gehalten werden, solange der Wald im Besitz meiner Kinder sein wird. Sobald es fertig gestellt sein wird, liebe Mama, werde ich dir eine Skizze mit der Ansicht des Ortes zeichnen. Ich wäre glücklich gewesen, wenn ich reich genug gewesen wäre, Medaillen in das Denkmal einzulassen, aber alles zusammen – der Transport, der Stein, der Marmor, die Maurerarbeiten und die Anmeldung – kostet mich 600 Francs und du kannst dir vorstellen, dass ich mein Geld zuallererst und vor allem anderen dafür bestimmt habe…“

Der Grabstein von Paul-Louis Courier
Grabstein von Paul-Louis Courier (Foto O. Lautman) Von links nach rechts: Nadine Courier de Mere, Präsident des SAPLC
, Bouye Michel, Inhaber und Geschäftsführer Véronique
und Jean-Pierre Lautman, Sekretär
 
H erminie Courier stieß auf Schwierigkeiten. Sie wünschte, dass ihr Ehemann für immer auf dem Friedhof von Véretz ruhen würde. Nun aber wurden in diesem Dorf damals keine Konzessionen auf Ewigkeit vergeben. Um eine derartige Verfügung dennoch zu erhalten, schrieb Frau Courier am 15. November 1825 dem Bürgermeister Archambault de Beaune.
Doch die Genehmigung ließ auf sich warten und so beschloss sie am 18.Oktober 1826, sich direkt an den Präfekten zu wenden.
Eine königliche Verordnung vom 3. Juni 1827 bewilligte die Konzession gegen eine Zahlung von 200 Francs an die Gemeinde sowie eine Spende von 100 Francs an Notdürftige. Véretz musste erst einmal eine Wohlfahrt gründen, um letztere Summe erhalten zu können.
Paul-Etienne, der Sohn von Paul-Louis, wurde an der Seite seines Vaters beigesetzt. Anders als auf dem Grabstein seines Vaters, ist auf seinem ein kleines Kreuz eingraviert. Hinter dem Grab von Paul-Louis Courier befindet sich das des Arztes Herpin (und seiner Frau), der Herminie bei ihren zwei Geburten in der Chavonnière behilflich war. Es war Paul-Etienne, der den Tod Herpins im Rathaus von Véretz anzeigte.
In der Reihe über diesen zwei Gräbern befinden sich zwei weitere: das von Jean-Paul Louis Courier de Méré (1866-1932), Sohn von Paul-Etienne, und das von Blaise Courier de Méré (1903-1927), dessen Sohn. Hier kann angemerkt werden, dass Paul-Louis – wie schon sein Vater Jean-Paul und auch Paul-Etienne – nicht aus freiem Willen nach seinem Familiennamen den Zusatz „de Méré“ führte.

Grabstein von Paul-Louis Courier und ihr Sohn Etienne (Foto O Lautman) Grabstein von Paul-Louis Courier und ihr Sohn Etienne (Foto O Lautman)
 
Das Walddenkmal, ein Mauerblock von 1,80 m auf einem Sockel von 2 m Höhe wurde 1828 aufgestellt. Wahrscheinlich hat Madame Courier auf Rat des Steinmetzes hin, der die beiden Denkmäler angefertigt hat, ihre Meinung geändert.
Auf der Vorderseite des Zenotaphs war eine schwarze Plakette eingelassen. Im Krieg wurde diese Platte von den Deutschen zerstört, da Widerstandskämpfer aus der Touraine heimlich Auszüge aus dem letzten Brief an den Zensor in Umlauf gebracht hatten. Die Stadt Tours reparierte den Schaden und brachte an die Stelle eine neue Plakette an...Diese war weiß!
Im April 2001 enthüllte der Bürgermeister Jean Germain auf Anfrage der Gesellschaft der Freunde von Paul-Louis Courier im Namen der Stadt eine kleine Plakette aus Kunstharz, die diesen Ort nun als Gedenkort ausweist.

Der Gedenkstein für Paul-Louis Courier in Véretz
Der Gedenkstein für Paul-Louis Courier in Véretz (Foto JP Lautman) Der Gedenkstein für Paul-Louis Courier in Véretz (Foto JP Lautman)
 
D er Initiator für die Errichtung des Gedenksteins war der Pariser Stadtrat Eugène Rigault. Er berichtete seinen Parteifreunden über sein Vorhaben und erhielt die Unterstützung von Persönlichkeiten wie Edmond About, Francisque Sarcey und Daniel Wilson. Eine Spendenaktion wurde gestartet. Der Architekt Eugène Viollet-le-Duc, Sohn des Philologen und Courier-Freundes Emmanuel Viollet-le-Duc, lieferte den Entwurf für den Gedenkstein.
In der Vorstellung Rigaults und seiner Freunde, sollte der Gedenkstein natürlich am Grab von Paul-Louis errichtet werden. Paul-Etienne Courier, der älteste Sohn des bekannten Verstorbenen, widersetzt sich jedoch dieser Idee. An seinem Wohnort in Doubs schrieb er diesbezüglich am 4. Juli 1876 dem Bürgermeister von Véretz.
Einen Tag bevor er seinen Brief abschickte, hatte der Gemeinderat von Véretz jedoch bereits beschlossen, auf dem Dorfplatz ohne zeitliche Einschränkung eine Fläche von 8 m² bereitzustellen, mit der Absicht, dort das zukünftige Denkmal zu errichten.
Am Sonntag, dem 3. Juli des Jahres 1876, um ein Uhr nachts, gibt der Gemeinderat, der sich aus dem Bürgermeister Moreau-Vincent (genannt Amable), Huret-Barillet, Breton-Moreau, Tuffeau, Girault-Chevrier, Desouches-Bizeau, Stellvertreter, sowie Pierre Huret, Girollet-Serrault und Coudreau-Roy zusammensetzt, bekannt:
„Angesichts des Briefes von Eugène Rigault, Hérold, Wilson, Edmond About, Francisque Sarcey, Spullert, Paul Meurice, Viollet-le-Duc und Hébrard, durch den der Bürgermeister informiert wird, dass eine öffentliche Spendenaktion mit dem Ziel, ein Denkmal für Paul-Louis Courier zu errichten, 7.500 Francs eingebracht hat – dadurch soll in der Gemeinde die Erinnerung an diesen berühmten Mann, der dort lebte und begraben liegt, wach gehalten werden – wurde entschieden, dass dies Summe ab sofort der Gemeinde für den Bau des oben genannten Denkmals zur Verfügung gestellt wird und dass ein Gelände auf dem Dorfplatz von Véretz mit einer Fläche von 8 Metern auf alle Ewigkeit für das hohe Denkmal in Erinnerung an Paul-Louis Courier zugewiesen wird…“
Um die nötigen Ausgaben für öffentliche Feierlichkeiten zu diesem Anlass abzudecken, genehmigte der Gemeinderat eine Summe von 400 Francs.
Am 16. Juli 1876 um 14 Uhr legten Pascal Duprat und Viollet-le-Duc zum Klang der Lisette von Béranger den Grundstein des Denkmals. Zu diesem Anlass wurden eine Regatta sowie Musik auf dem Cher, ein Fackelzug, ein Feuerwerk und ein kostenloser Tanzball organisiert.
Die Einweihung fand am 28. Juli 1878 statt. Trotz unbeständiger Wetterbedingungen nahmen 7.000 bis 8.000 Menschen daran teil. Das Denkmal ist aus hartem Stein aus Chagny.
Anlässlich der Renovierung des Dorfplatzes im Jahr 2007 wurde das Denkmal ein klein wenig nach Osten versetzt und es profitierte zudem, um den Stein vor Schäden zu bewahren, von einer Laserreinigung.

Nachstehend findet sich der vollständige Text des wenig wohlwollenden Artikels aus der Zeitung von Indre-et-Loire (Journal d’Indre-et-Loire) über die Einweihung des Denkmals für Paul-Louis Courier auf dem Dorfplatz von Véretz. Die älteste Zeitung des Departements Indre-et-Loire war während der Zeit des Direktoriums entstanden und hatte im Jahr 1871 eine Auflage von 3.500 Exemplaren. Nachdem sie sich als harter Gegner der Nationalen Armee positioniert hatte, schloss sie sich der konservativen Republik von Thiers an und reservierte ihre Pfeile für Gambetta, der sie im Jahr 1872 als „Sargträger der Demokratie“ bezeichnete.
Zu Beginn der Dritten Republik wurden die Leitartikel der Zeitung mit flinker Feder vom Journalisten und Drucker Jean-François Ladevèze verfasst, der sofort nach der Februarrevolution von 1848 zum Chefredakteur des Journal d’Indre-et-Loire ernannt wurde.
Einige Jahre vor seinem Tod, er starb völlig unerwartet im August 1884 in Chambray-lès-Tours, wurde er durch Jules Delahaye ersetzt, einen Schützling des Bischofs von Angers, Monseigneur Freppel.
Delahaye, ein treuer Anhänger des Grafen von Chambord, näherte sich nach dem Tod des Bewerbers um den französischen Thron den Bonapartisten an. Dieser Antiparlamentarier drängte die begierigen Prälate dazu, das neue Regime zu unterstützen, was allerdings nicht funktionierte, ohne Unruhen in der Touraine auszulösen. Der Erzbischof von Tours, Monseigneur Meignan, stand auf deren Seite, wohingegen Monseigneur Freppel deren entschiedendster Gegner war.
1889 wurde er zum Abgeordneten für den Bezirk Chinon gewählt und 1890 - nach einer Annullierungsandrohung - im Amt bestätigt.
Er setzt sich an der Seite von Monseigneur Freppel gegen die Anhänger des Anschlusses an die Republik ein, deren Speerspitze der Kardinalerzbischof von Paris Lavigerie ist und die im Februar 1892 von Léon XIII. höchstpersönlich unterstützt wurden…
Die Einweihung des Denkmals fand zum Zeitpunkt statt, als Ladevèze die Verantwortung an Delahaye übergab.

Die Einweihung des Courier-Denkmals

Statue von Eugene Viollet-le-Duc Viollet-le-Duc, der Designer des Denkmals Véretz ist, wie Courier, vertreten an der Fassade des Rathauses von Paris.
 

A Am 28. Juli schreibt man uns aus Véretz:
Während ich nach wie vor unter dem Eindruck der prachtvollen Feier stehe, an der ich teilgenommen habe, richte ich diese schnell hingeschriebenen Zeilen an Sie.
Ist es ein Ergebnis des Zufalls oder des Kalküls, dass dieses Fest mit dem Todestag Robespierres und seiner Komplizen zusammenfiel, die durch das Eisen der Guillotine enthauptet wurden? Die Frage, ob es Zufall oder ein gewolltes Zusammentreffen war, ändert allerdings nichts an den Tatsachen und ich werde mich daher an diesen Gedanken nicht länger aufhalten.
Es gibt Leute, die Ihnen sagen werden, dass dieser Tag gut für die Republik war; ich persönlich glaube, dass die Feierlichkeiten vor allem für die Gastwirte positiv waren. Diese Unternehmer reiben sich nun die Hände. Man hat ihre Weinkeller geleert und ihre Kassen gefüllt und sie preisen das Gedenken an Courier. Dies ist das schönste Ergebnis des Tages.
Werde ich Ihnen von der glänzenden Dekoration in der Gemeinde berichten? Werde ich von den vier Dutzend dreifarbigen Fahnen erzählen, die an den Straßen aufgereiht worden sind? Werde ich die wunderschöne Hütte beschreiben, die in der Nähe des Courier-Denkmals aufgestellt wurde und in der die Gäste Platz nehmen sollten? Nein! Sie sehen all dies von Ihrem Büro aus und haben die Bemühungen, die man hier aufgebracht hat, um der kleinen Parade den ihr zustehenden Glanz zu verleihen, selbst beurteilen können.

Nummernschild Nummernschild (Foto JP Lautman)
 
Nur ein einziges Wort, bevor ich zu den Feierlichkeiten für das Courier-Denkmal komme.
Das Denkmal trägt folgende Inschrift:

In Gedenken an
PAVL LOVIS COVRIER
Meister des gesunden Menschenverstandes
und der Freiheit
Als Ausdruck unserer Dankbarkeit.


Auf der Rückseite des Denkmals sind die Namen der vier Abgeordneten aus dem Departement Indre-et-Loire eingraviert; MM. Belle, Guinot, Joubert und Wilson, außerdem die Namen des Architekten Viollet-Leduc und der Bildhauer. Ein Datum ist nicht angegeben. Man hat erkannt, dass ein solches Meisterwerk dies nicht nötig hat.
Zurück von der Gedenkstätte Forest Larçay Abdeckung Zurück von der Gedenkstätte Forest Larçay Abdeckung (Foto JP Lautman)
 
Auffallend ist, dass auf dem Werk konsequent „V“ anstatt „U“ gebraucht wird. Dies ist Viollet-Leduc zuzuschreiben, der sich in seiner Jugend durch diesen unentschuldbaren Anachronismus bekanntermaßen erste Sporen verdient hat.
Viollet-Leduc, den die Radikalen einst als weltfremden Kirchenmann und dann als glühenden Republikaner bezeichneten, konnte sich eine solche Freiheit herausnehmen, als er alte Kirchen und Grabsteine restaurierte. Aber diese unpassende Kinderei auf einem Denkmal aus der Mitte des 19. Jahrhunderts wird dadurch nicht verständlich. Ich füge dennoch hinzu, dass diese architektonische Naivität wunderbar zu dem so geistreichen Plan der Kleinkonstruktion passt: ein Trinkbrunnen, dessen Spitze den Hut eines Gendarmen nachahmt. Und unter dem Hut findet sich ein Porträt Paul-Louis Couriers, der die jämmerlichste Miene zur Schau stellt, die man sich überhaupt nur vorstellen kann.
Kommen wir zur Feier. Ich höre die Blaskapellen von Azay-sur-Cher und Montlouis. Sie nähern sich mit der Fahne an der Spitze und einem geräuschvollen Posaunenaufgebot. Sie spielen patriotische Melodien; man jubelt ihnen zu. Und berücksichtigt man den Lärm, den sie produzieren, ist dies gerechtfertigt, denn was offensichtlich ist, soll hier keinesfalls abgestritten werden.
Währenddessen bringen Züge aus Tours und aus anderen Orten Massen von Schaulustigen in den Ort. Der Platz, auf dem das Denkmal aufragt, ist überfüllt und um 14 Uhr drängt sich eine Masse, die man auf 5.000 oder 6.000 Personen schätzt, wie Heringe im Fass auf den schlauchförmigen Platz, den man auf recht bemitleidenswerte Weise als „Dorfplatz von Véretz“ bezeichnet. Bald ertönt Geschrei: „Das sind sie! Da sind sie!“
Tatsächlich nimmt man vor dem Hafen von Véretz die Organisatoren der Feier und ihre Gäste wahr. Sie zählen etwa 250 Personen. Wilson und Belle schreiten mit der Situation entsprechender Würde voran; Belle ist von strahlender Gesundheit, Wilson zeigt sich mit blasser Gesichtsfarbe, die vielleicht ein wenig ins Gelbliche übergeht. Wilson geht es nicht allzu gut, was erwarten Sie also! Das ist eine Folge der Arbeit und des nächtlichen Wachens und vielleicht der mühsamen Organisation der Feier! Lieber Gott, bitte lass dieses Unwohlsein keine schlimmen Konsequenzen haben!
Die Organisatoren und Gäste nehmen auf der Tribüne oder in der Hütte, von der ich bereits erzählt habe, Platz. Dies erfordert eine gewisse Zeit, denn, und dies wird Sie in diesen Zeiten, in der von der Gleichheit aller Menschen ausgegangen wird, vielleicht überraschen, man nimmt eine Sortierung vor: einige Persönlichkeiten platziert man im Vordergrund während andere auf die hinteren Plätze verwiesen werden. In der Mitte und auf den Ehrenplätzen erkenne ich die Abgeordneten Belle, Guinot, Joubert, Noël Parfait, Tassin, de Mahy, Cantagrel, Fouquet, Laisant, Léon Renault; die Senatoren Jules Simon, Garnier, Palotte und Lucet, die Vertreter des Pariser Stadtrates, Daunassens, den Präfekt von Indre-et-Loire sowie den Unterpräfekt von Loches. Ein zuvorkommender Nachbar weist mich zudem auf die Anwesenheit der Stellvertreter des Rathauses von Tours sowie mehrerer Mitglieder des dortigen Stadtrates hin. Außerdem erfahre ich auf diese Weise, dass auch Bürgermeister und Stellvertreter der umliegenden Gemeinden, einige Lehrer des Lycées von Tours und eine gewissen Anzahl von Journalisten da sind.
Detail des Denkmals auf dem Platz der Véretz Detail des Denkmals auf dem Platz der Véretz (Foto JP Lautman)
 
Zwei Personen ziehen besonders viel Aufmerksamkeit auf sich. Es sind zwei Araber in ihrer nationalen Tracht. Wer sind sie? Wer hat sie hergebracht? Ich gestehe meine Unwissenheit in dieser Angelegenheit und will mich auch nicht weiter damit beschäftigen.
Die Veranstaltung ist eröffnet. Präsident Belle erhebt sich, gleich wird er das Wort ergreifen. Stille. Belle dankt zunächst den Gästen, die der Einladung Wilsons gefolgt sind und seine auf feine Art mit einem Handschuh bekleidete Hand führt eine Geste aus, die auf anmutigste Weise den Ausdruck seiner Dankbarkeit unterstreicht. Aber auf einmal verfinstert sich sein Gesicht; Blitze durchdringen seine Augen; und dem Blitz folgt der Donner. Der Redner ruft die Vergangenheit mit einer solchen Stimmgewalt in Erinnerung, dass das Courier-Denkmal auf seinem Fundament erzittert. Er erinnert an die Zeiten, als ein erzreaktionärer Minister eine Versammlung wie diese nicht toleriert hätte und zeigt sich glücklich über die heutige Situation und das eingetretene Zeitalter der Freiheit. Nachdem er gegen seine Feinde gewettert hat, will er die Sonne als Hauptargument für einen angedachten Vergleich heranziehen. Aber diese verweigert die Komplizenschaft. Die Verräterin versteckt sich hinter den Wolken. Edmond About, der hinter dem Redner sitzt, lächelt schadenfroh, während er dieser sehr originellen Sonnenanrufung lauscht und Belle fährt in seiner Beweisführung fort, von der das Publikum allerdings absolut nichts versteht. Bleibt zu hoffen, dass es der Redner besser verstanden hat als wir.
Im Übrigen ist es keine Rede, die ich da höre. Es ist eine Folge von klangvollen, geräuschvollen Sätzen, die sich ohne genau definiertes Ziel nach rechts und dann wieder nach links verirren. Eine Analyse ist deshalb unmöglich. Ich behalte dennoch folgendes: Belle spricht den Einwohnern der Touraine seine Anerkennung aus, da sie in den Wahlen dem albernen Sprichwort widersprochen hätten, demzufolge die Menschen dieser Gegend schlaff seien. Weiche Turonen.
Denn welch unglaubliche Energie hätten sie ganz im Widerspruch dazu bewiesen, als sie ihre Stimme zur Wahlurne getragen haben; sehen Sie wie viel Mutes es ihnen bedurft hat, um ihre Abgeordneten zu wählen! Dazu schreien einige Stimmen: Es lebe Monsieur Belle! Und Belle ruht sich auf seinen Lorbeeren aus. Wenn seine Worte gewissenhaft von Stenographen protokolliert worden wären, wette ich, dass zwei von zwanzig Sätzen eine Lektüre nicht verkraftet hätten. Das hat keinerlei Hand und Fuß. Alle Regeln für eine gute Rede wurden verletzt. Aber morgen lesen Sie wahrscheinlich in den Blättern, die sich dieser Art von Bekanntmachung verschrieben haben, eine vollständig überarbeitete Ansprache des Redners, die so stark verändert ist, dass sie für die Abonnenten der Zeitschrift in vorzeigbarer Form erscheint. Und man wird sagen, dass dies aus dem Stegreif gesprochen war.
Nach einigen musikalischen Melodien, die von der Blaskapelle von Montlouis gespielt wurden, übergibt Belle das Wort an Raoul Rigault. Dann aber hält er inne und sagt: Eugène Rigault. Rigault, Mitglied des Organisationskomitees des Festes beschert uns die Lesung einer Art gedruckten Berichtes, in dem er seinen Kollegen sonderbare Lobreden zukommen lässt und er reicht ihnen freigiebig den Schaden. Stellen Sie sich vor, soeben hat man ihm, als gutem Kameraden, großzügig die Sennesblätter übergeben.
Wer ist jetzt an der Reihe? Edmond About, der ebenfalls einen kleinen Vortrag für uns hält. Die Sache liegt in gedruckter Form vor, so dass sie einfacher zu lesen ist. Aber die Stimme des Redners wird bei den ersten Worten heiser; die Kehle macht ihm zu schaffen; es wird um ein Glas Wasser gebeten, das ziemlich lange auf sich warten lässt. Der Redner trinkt und widmet sich dann der Übermüdung der Geistlichen, wobei er sich verschiedener Passagen bedient, die er aus Couriers Pamphleten zusammensammelt. Im Rahmen seiner Zitate, hat er die Möglichkeit ungenutzt verstreichen lassen, einen guten Satz des berühmten Pamphletisten anzugeben, der besagt, dass es zu seiner Zeit Leute gab, „die sich immer der Seite zuwenden, auf der gerade gegessen wird.“
Courier hatte zufällig den Fall einer gewissen Persönlichkeit vorausgesehen, die About gut bekannt ist, und die sich zuerst auf die Seite des Palastes Napoleons III geschlagen hat, wo sie sich tüchtig satt gegessen hat, bevor sie zur Seite der Republik übergegangen ist, wo sie mit nicht geringerem Appetit weiter gegessen hat.
Nach About ergreift Léon Renault das Wort. Diesmal haben wir es wirklich mit einer ernsthaften Arbeit zu tun. Die Meinungen und Einschätzungen des Redners können wir nicht teilen, aber jeder wird anerkennen, dass er eine perfekt geschriebene und elegant geschliffene Rede gehalten hat. Er hat sich vor allem bemüht, den Einfluss herauszustellen, den Courier mittels seiner Schriften auf die Ereignisse seiner Zeit ausgeübt hat. Inmitten historischer und biographischer Details, die ihm eine ausführliche Vertiefung wert waren, sagte er nur einige wenige Worte zur militärischen Laufbahn seines Helden.
Léon Renault würde gut daran tun, noch einmal ein paar gute Courier-Biographien zu lesen, um sein diesbezügliches Wissen auszubauen.
Gehen wir zu einer anderen Rede über; es ist die fünfte während der Festveranstaltung und ich bekomme mit, dass noch eine Überraschung hinter dem Vorhang verborgen sein soll.
Der nächste Redner ist Jules Simon.
Er ist ein bekanntes Talent, sehr geschmeidig und gewandt; aber man darf sich dabei keinesfalls auf das Urteil über die Darbietung stützen, die er heute abgegeben hat. Diese ist tatsächlich von sehr dürftiger Qualität; ich frage mich, ob Jules Simon sich nicht ein wenig auf Kosten seiner Zuhörerschaft amüsieren wollte. Er hat sich dermaßen ungezwungen gezeigt, dass dies stark an eine kleine Salonkomödie oder eine Parade erinnerte.
Der Redner beginnt damit, allen seine Anerkennung für das gute Gelingen der Festveranstaltung auszusprechen. Er spricht verschiedene Gäste direkt an, wobei er sie als seine alten Kameraden bezeichnet. So ruft er aus: Mein alter Kamerad About! Mein alter Kamerad Lesguillon! Mein Freund Belle, dieser so aufrichtige Republikaner! Und er gibt Belle, der in seiner Nähe sitzt, mehrmals einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. Wenn dieser nicht gesessen, sondern gestanden hätte, hätte ihm Jules Simon mit Sicherheit einen Klaps auf den Bauch gegeben! Er tat dies völlig fröhlich und zwanglos! Und das Publikum lachte…

Auch Wilson erhält seinen Anteil während der Verteilung von Vertraulichkeiten und Glückwünschen.
Zwei oder drei Stimmen auf dem Platz schreien: Es lebe Wilson!
Ist das die Möglichkeit? Dieser Schrei findet unter den Gästen keinen Widerhall. Man bewahrt sich diesen wahrscheinlich für den Abend auf, für die Zeit nach dem guten Abendessen, das in Chenonceau bereits bei schwacher Hitze vor sich hinköchelt.
Als die Serie der Glückwünsche erschöpft ist, leitet Jules Simon zum Thema der Weltausstellung über; er erzählt uns von einem Hammer und einem Amboss, den Wundern der Photographie sowie den Arbeiten, die von den verschiedenen Schulen Frankreichs ausgestellt werden. Dann möchte er sich doch gerne mit Courier beschäftigen und sagt uns, dass dieser, könnte er noch einmal einen Moment lang leben, sehr erstaunt wäre, zu sehen, dass er von Republikanern gefeiert wird, er, der mit Sicherheit kein Republikaner gewesen war.

Diese Überlegung des Redners sät ein wenig frostiges Unbehagen unter die Brüder und Freunde, sie sehen ihn mit einem gewissen Erstaunen an und sagen vermutlich zu sich selbst: „Aber wenn er kein Republikaner war, was tun wir dann eigentlich hier? Man hat uns also getäuscht!“
Und Jules Simon beeilt sich, hinzuzufügen, dass Courier, auch wenn er kein Republikaner war, (ohne dies zu wollen) für die Republik eingestanden hat, und zwar indem er Schriften verfasste, welche die Einführung des Zeitalters der Freiheit vorangetrieben haben.
Zu diesen letzten Worten wird ausgerufen: Es lebe die Republik! Und damit sind die gutherzigen Roten wieder mit dem Redner versöhnt, der, glücklich darüber, die richtige Abzweigung gefunden zu haben, bis zum Überfluss damit fortfährt, Ausdrücke der Freiheit und der Republik anzubringen.
Eine der Blaskapellen, diejenige von Azay-sur-Cher spielt die Marseillaise und gleich darauf trägt ein Pariser Schauspieler, Coquelin, ein Courier gewidmetes Versstück vor, das einem Herrn Poucher oder Foucher geschuldet ist.
Mit diesem schönen Stück, das sich die Menge mit größter Gleichgültigkeit anhört, wird die Veranstaltung beendet und die Gäste begeben sich in munterer Stimmung zum Bahnhof, wo sie der Zug nach Chenonceau erwartet.

Véretz, 29. Juli.

Ich möchte Ihnen nichts von den Fröhlichkeiten erzählen, die gestern Abend nach dem Aufbruch der Gäste in Véretz stattgefunden haben. Sie sind nur von mittelmäßigem Interesse.
Und dann hat es auch noch zu regnen begonnen, was eine ganze Reihe von Einwohnern der Stadt Tours, die zu den Feierlichkeiten gekommen waren, in die Flucht getrieben hat. Man brachte hier großes Mitgefühl für die möglichen Folgen des Regens auf die Vorbereitungen in Chenonceau auf. Es stellte sich tatsächlich heraus, dass er einen Teil der Beleuchtung ausgesetzt hat. Aber das Feuerwerk hat der Nässe gut standgehalten, es ist ziemlich gut gelungen.
Den Angaben eines Freundes zufolge, fanden sich in Chenonceau mehr als 15.000 Menschen ein. In den Parks konnte man sich inmitten der Menschenmenge kaum rühren. Etwa zwanzig ganz in weiß gekleidete junge Mädchen mit rosafarbenen oder blauen Bauchbinden verkauften Gebäck. Das war wirklich sehr stimmungsvoll. Die Neugierigen, die das Glück hatten, Eintrittskarten zu besitzen, durften das Schloss betreten….und konnten nach dem Abendessen der Gäste von Madame Pelouze und Monsieur Wilson das schöne Service und die unzähligen Gläser bewundern, die zuvor benutzt worden waren. Ein reich ausgestattetes Buffet bot sich den Interessierten dar. Man konnte sich davon nehmen und ohne auch nur irgendetwas dafür zu bezahlen ganz nach Belieben Kuchen, Früchte und andere gute Dinge essen. Liköre und auserlesen Weine wurden in Hülle und Fülle angeboten und man konnte auch hier kräftig zuschlagen, ohne zu bezahlen. Viele Leute haben von dieser schönen Gelegenheit ausführlich profitiert und ich möchte wirklich daran glauben, Sie hören es wohl, dass sie sich zu einer bestimmten Zeit und in einem passenden Moment, dafür dankbar zeigen werden.
Um 11 Uhr oder 11.30 Uhr hörte der ganze Lärm schließlich auf; die verschiedenen Feuer, die vom alten Wohnsitz von Katharina von Medici aufgeflammt waren, wurden ausgelöscht und die Gäste machten sich mit der Eisenbahn in Richtung Paris oder Tours auf.

J.A.

JOURNAL D’INDRE ET LOIRE, Montag, 29. und Dienstag, 30. Juli 1878


Nach Geneviève Viollet-le-Duc und Jean-Pierre Lautman, Mitglieder SAPLC


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